DIE SCHÄLFERIN

Die Schläferin, Aquatinta-Radierung und Mischtechnik mit Nest, 50 x 70 cm, 2010

 

Ein alchimistisches Ritual mit Fotoemulsionen und Pulvern lässt wie mit Zauberhand auf kalten Metallplatten die Spuren einer Erinnerung, Erahntes oder Geträumtes in der Darstellung des Gesichts einer Schläferin zu Trage treten.

Die Schläferin

Die Radierungen gehören zu einem Zyklus von fünf großen Drucken mit einer einzigen Auflage, die mit einer Mischtechnik ausgeführt wurden. Die Metallplatten, auf die Auszüge von Fotografien geprägt wurden, werden abschließend einer Ätzung mit Auatinta unterzogen. Dies ist eine gewollt unkontrollierte Einwirkung von Säure und Aquatinta auf die Platten, um den Figuren das unregelmäßige Aussehen zu verleihen, das sie in eine irreale Atmosphäre versetzt, in der Traum und Träumer verschmelzen. Die Gesichter der Schläferinnen verwandeln sich in kaum wahrnehmbare, im Licht und Schatten des Gedächtnisses verflüchtigte und dennoch gleichzeitig mitgetragene, nahezu zur Materie herabfallende Erinnerungen, die durch echte, auf die Bilder gepresste Nester dargestellt wird. Eine lebendige Materie, in der sich die Entbindung, die das Werk hervorgebracht hat, endgültig mit Kolophoniumpulver und dem Oxidationsprozess auf dem Metall der Platten auflöst.

Die schläferin, Werk, Diptychon, räumliche Kunstinstallation

Die fünf Aquatinta-Drucke wurden bei verschiedenen Gelegenheiten und, entsprechend den verschiedenen Ausstellungskonzepten, mit der Absicht ausgestellt, stets die “Seele” des Ausstellungsraumes zu respektieren. So wurde zum Beispiel der Druck Nr. 1 anlässlich der Ausstellung “Kolosssaal” in der Akademie der Bildenden Kunst in München, Bayern (2009) an der Wand angebracht und hat seinen Schatten auf einen Schneehaufen projiziert, der, als er taute, langsam die Schattenlinie auf dem Parkett des Saales ausdehnte. Zwei der fünf Drucke wurden hingegen auf der Ausstellung “Ex fabrica”, im Mumat in Vernio (2014) präsentiert: In diesem Fall hat das in dem Druck enthaltene Nest, als Ausdruck der natürlichen „Webkunst“ der Vögel, mit  den textilen Installationen der Künstlerin Laura Gueronini kommuniziert. Im Jahr 2010 wurden alle fünf Aquatinta-Drucke im Museum für Archäologie und Geschichte zu Füßen des Flügels eines spätmittelalterlichen Altars aufgelegt und der Kontakt zwischen dem Werk und dem Raum wurde in diesem Fall durch einen subtilen Blickwechsel der seraphischen Antlitze der Heiligen mit jenen der Schläferinnen hergestellt.